Lieber Günther,
ja, früher war alles anders, alles einfacher. Du betonst es immer wieder. Da gab’s keine Psychologen, keine Therapeuten, und wenn’s einem schlecht ging, hat man sich eben zusammengerissen. „Habt euch mal nicht so“, hat man gesagt – vielleicht sogar du selbst. Klingt vernünftig, oder? Aber lass uns mal ehrlich sein: Hat das wirklich funktioniert? Haben wir uns damals nie Gedanken über unsere seelische Gesundheit gemacht? Und ist das immer gut ausgegangen?
Klar, früher ging man nicht so schnell zum Psychiater, und die Menschen haben vieles mit sich selbst ausgemacht. Aber hat das wirklich geholfen? Wie viele haben damals einfach nur still gelitten, bis sie irgendwann nicht mehr konnten? Ob Depressionen, Ängste oder Süchte – das gab es auch damals schon. Nur hat man nicht drüber geredet. Wer sich das Leben nahm oder sich in der Kneipe zu Tode soff, da fragte keiner, warum. Es war eben so. Aber hätte es nicht besser sein können?
Heute wissen wir mehr – und das ist auch gut so. Seelische Gesundheit ist nichts, was man einfach „durchstehen“ muss. Man muss sich nicht schämen, wenn man mal nicht mehr kann. Und was, wenn jemand in deiner Nähe heimlich kämpft? Vielleicht der Nachbar, der jede Nacht wach liegt? Oder deine Enkelin, die sich Sorgen um die Zukunft macht? Früher wurde das ignoriert, aber heute können wir darüber reden – und genau das macht einen Unterschied.
Deshalb gibt es in Altenburg den Trialog. Ein offener Austausch für alle, die mit psychischen Problemen kämpfen, für ihre Angehörigen und für Fachleute. Was soll das bringen, fragst du? Ganz einfach: Hier reden wir miteinander – nicht übereinander. Ehrlich, bewegend, zum Nachdenken. Es geht nicht darum, ob jemand „alles richtig macht“, sondern darum, dass wir uns gegenseitig zuhören. Hier ist Platz, um Erfahrungen zu teilen und zu merken, dass man nicht allein ist. Und ja, das tut gut.
Besonders am 17. Oktober gibt es eine Veranstaltung, die du dir nicht entgehen lassen solltest. Um 18:00 Uhr in der Farbküche (Moritzstraße 6) laden wir zu einem Trialog ein, der anders ist als ein bloßes Gespräch. Es gibt eine szenisch-musikalische Lesung zu den Themen Depression und Sucht. In den Stücken „Im Kreis“ und „Wendepunkte“ werden diese Themen so in Szene gesetzt, dass sie direkt ins Herz treffen. Es wird nicht leicht, aber es wird wichtig. Es ist an der Zeit, dass wir diese Probleme nicht mehr übersehen.
Ansonsten treffen wir uns jeden dritten Donnerstag im Monat um 18:00 Uhr in der Farbküche, um weiter über Themen rund um das Thema seelische Gesundheit zu sprechen. Egal, ob du betroffen bist, jemanden kennst oder einfach nur neugierig bist – du bist herzlich eingeladen. Die Teilnahme ist kostenlos und ohne Verpflichtung.
Also, Günther, vielleicht ist es an der Zeit, mal was Neues auszuprobieren. Vielleicht ist es nicht so verrückt, wie du denkst. Früher wurde viel durchgestanden, ja. Aber warum nicht mal einen neuen Weg gehen und sehen, ob es heute nicht besser geht? Denn seelische Gesundheit ist kein Hokuspokus. Sie betrifft uns alle – auch im Altenburger Land.
Viele Grüße
Susann
PS: Und hier noch kurz zur Statistik der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik aus dem Jahr 2022:
831 vollstationäre Fälle
370 teilstationäre Fälle sowie
2.368 Fälle.
Alles Menschen, die wegen psychischen oder psychiatrischen Erkrankungen in Altenburg behandelt wurden.
PPS: Möchtest du mehr über psychische Gesundheit im Altenburger Land erfahren? Dann markiere das Herz unter diesem Beitrag.
PPPS: Kontakt für Fragen: Katrin Hinkel, Grit Eisert, Constanze Böhme und Susann Seifert – trialog.altenburg@gmail.com.

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