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Weltglückstag - Glück Frau zu sein?

Die Menschen in Finnland sind die glücklichsten der Welt. Deutschland konnte sich leicht verbessern auf Platz 22 (vorher 24. Platz). Generell sind die nordischen Länder zufriedener und glücklicher als wir. Sind derartige Tage aber sinnvoll oder nur wichtig medial zu nutzen? Was bringen diese Untersuchungen? Realitat, Neid oder nur Nachrichten? Gleiches gibt es auch immer wieder zum Frauentag am 8. März. Rund um diesem Tag wird geredet über

  • weniger Frauen im neuen Bundestag

  • Gender Pay Gap

  • Frauen in Teilzeitjobs

  • Älterwerdende Mütter u.v.m.


Frauentagsveranstaltung im Haus am Milchberg

Immer wieder geht es irgendwie um Konkurrenzdenken Frau gegen Mann, Mutter gegen Vater, Arbeitnehmerin gegen Arbeitnehmer. Aber haben nicht alle ähnliche Probleme? Spielt das eine Rolle? Da erinnere ich mich auch an die Frauentagsveranstaltung im Haus am Milchberg. Ca. 25 Frauen und ein paar Männer fanden sich zusammen, um über das Thema " DIe Frau im Altenburger Land heute - was macht uns aus" zu diskutieren. Völlig unterschiedliche Menschen kamen zusammen: gebürtige Altenburger und Zugezogene, relativ junge Leute (Mitte 20) bis langjährig Pensionierte. Deutsche, schweizer und südamerikanische Gäste. Diese Mischung an Personen fand sich auch in den Gesprächen wieder. Zur Auflockerung zu Beginn durften die Gäste ohne aufs Blatt zu schauen, die gegenübersitzende Person zeichnen. Es war eine lustige Atmosphäre und echt witzig, welche Kunstwerke entstanden. So wurde aber gleich eine gewisse Lockerheit geschaffen für die folgenden Unterhaltungen.


Vorbereitet von Constance Böhme wurden Thementische über die Arbeitswelt, Kultur und auch Alltagseinflüsse vorbereitet, die als Denkanstoß dienten.


Spannend war im Vorhinein auch, dass zahlreiche der Teilnehmer vorab an der Frauentagsführung der Altenburger Tourismus GmbH dabei waren. In der Geschichte der Region spielten Frauen auch eine Rolle, meist - wie auch heute - eher unbemerkt. Eine Dame, die von vielen genannt wurde, war Sophie Mereau, die Ehefrau von Clemens Brentano. Eine ältere Teilnehmerin sagte, dass die Arme starb aufgrund ihres fünften Kindes. Sie selbst wollte gar kein weiteres Kind, wurde aber dazu veranlasst. Zu ihrem Leidwesen. Die Tour ging vorbei am Magdalenenstift und auch da brach eine Diskussion aus, da dieses Haus früher eine Mädchenschule für adelige Damen war. Interessant auch, weil es in diesem Sommer als Thema einer Ausstellung im Lindenau-Museum aufgegriffen ist. Einige kannten noch Personen, die dort zur Schule gegangen sind und erzählten von Vorreiterinnen der Frauenbewegungen.



Aber zurück zum Milchberg. Spannend war, dass das Thema Frauen zwangsläufig auf Kindererziehung ging. Und viele Vorurteile in Familienkreisen herrschen. Eine junge Frau gab ohne Schwierigkeiten zu, dass sie nicht kochen kann und mag, Wäsche machen nicht leiden kann und ihr Partner dies gerne macht. Einige ältere Familienmitglieder können diese Situation nicht verstehen, Frauen müssen sich ums Essen kümmern. Das ist keine Männeraufgabe. Warum herrscht immer wieder das Klischee? Auch ihre Gegenantwort, dass sie nach Abschluss ihres Studiums mehr Geld verdient als ihr Partner, kam im Familienverbund nicht gut an. Warum ist dies nach jahrzehntelangem Kampf für Gleichheit noch so tief verwurzelt?


Doch auch Männer kamen immer wieder in Gesprächen vor. Männer, die alleinerziehend sind, haben gleiche Probleme oder oft schwerere. Frauen bitten eher um Hilfe, auch bei der Kinderbetreuung - ein Hoch auf Großeltern, helfenden Nachbarn und Freunden an dieser Stelle. Die Männer plagen sich lieber selbst. Die Südamerikanerin meinte auch, sie ist der Liebe wegen nach Deutschand gezogen, doch diese zerbrach. Aber ihre Schwiegereltern stehen helfend zur Seite, damit sie Vollzeit arbeiten kann, denn sie will es. Es ist aber schwer. Schwer auch, weil es die Bürokratie und Arbeitswelt nicht verinnerlicht, sich auf die verschiedenen Lebensmodelle heutzutage einzustellen. Patchwork, Alleinerziehende, Kleinfamilien sind komplett gegenteilig zu den noch vor wenigen Jahrzehnten typischen Großfamilien in einem Haus oder nebenan, den Müttern, die Zuhause blieben. Diese Entwicklung will vielleicht auch mancherorts nicht akzeptiert werde und wird somit erschwert.


Ein präsent auf einem Tisch stehender Globus bewirkte auch unterschiedlichste Gedanken. Wo ich zuerst damit verbunden habe, dass wir hier in Deutschland froh sein können, dass wir global reisen dürfen, keine Einschränkungen haben, verfolgten andere Frauen eine andere These. Die Welt zeigt uns, dass es viele Kulturen gibt, die zwar in einer Welt zusammenleben, aber doch getrennt sind, und das nicht nur regional, sondern auch gedanklich. Je nachdem, wo jeder aufwächst, bekommt man automatisch unterschiedliche Werte, Ansätze, Denkweisen mit, die nicht einfach abzuschütteln sind. Diese müssen erklärt und verstanden werden Doch gerade hier herrscht oft Angst oder Abneigung. Da ist es egal, ob Mann oder Frau - Anderes, Neues oder Unerwartetes hat es schwer Fuß zu fassen.


Insgesamt war es spannend, auch die schweizer Ansichten zu sehen. Diese sprachen auch von häuslicher Gewalt, die Bedeutung von Frauenhäusern. Aus einer toxischen Beziehung zu entkommen, ist mega schwer, es klappt selten beim ersten Mal, aber die Frauen und auch Männer müssen ermutigt bleiben und Orte haben, an denen sie sich sicher fühlen und auch mehrfach Schutz finden. Unter mehreren Frauen war einhellig klar, dass solche Zufluchtsorte besser bekannt sein müssen. Hier ist überall hohe Nachholbedarf.


Einen Punkt, den ich auch an diesem Tag wieder deutlich wahrgenommen habe, es ist unheimlich wichtig, einfach mal eigenständiger Mensch zu sein, nicht nur Ehefrau, Mutter oder Hausfrau. Einfach ICH sein und Zeit für mich nehmen, da ist es auch vollkommen egal, ob weiblich oder männlich. Zeit für sich zu haben, muss im Alltag gefunden werden. Denn nur so ist auch Zeit, nachzudenken, Hilfe zu suchen, aufzutanken und mit frischer Kraft weiterzumachen.


Diese Art des Salontreffens, gefördert durch "Der Fliegende Salon Altenburger Land", führte Personen zusammen, die sich vorher nicht kannten, dennoch einfach respektvoll ins Gespräch kommen und unterschiedliche Ansätze verstehen (wollen) - vollkommen ohne Zwang und ohne Pflichten. Wenn das kein Gück ist, versteh ich den Weltglückstag falsch.


Text: Jessica Paeschke, Bilder; Anja Fehre

 
 
 

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© Susann Seifert, Farbküche / Illustrationen: Maren Amini

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