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Wie die Kulturhanse in Ostdeutschland neue Perspektiven schafft – und was die Politik daraus lernen kann.

Ein Beitrag von Susann Seifert


Kulturhanse-Konferenz 2025. Ein Treffen, das wie so oft mehr war als das Teilen guter Praxis. Die Beteiligten sprachen nicht nur über Inhalte, sondern vor allem über Bedingungen. Über jene Möglichkeitsräume, in denen gemeinwohlorientierte Gründungen, soziale Innovationen und zivilgesellschaftliches Engagement nicht nur entstehen, sondern auch bleiben können. Denn wenn die Kulturhanse eines lehrt, dann dies: Gemeinwohl braucht Infrastruktur. Nicht nur Ideen, sondern Orte. Nicht nur Engagement, sondern Ermächtigung.


Katja Großer führte souverän durch die Veranstaltung. Kulturhanse-Kapitän Martin Arnold-Scharschmidt und Kulturhanse-Laborantin Susann Seifert stellten die Kulturhanse vor.
Katja Großer führte souverän durch die Veranstaltung. Kulturhanse-Kapitän Martin Arnold-Scharschmidt und Kulturhanse-Laborantin Susann Seifert stellten die Kulturhanse vor.

Die Kulturhanse ist ein Verbund von sechs Gründungslaboren in Ostdeutschland. Mit dem Angerwerk in Angermünde, der Gründungsgarage Chemnitz, dem Ahoi Altenburg, der Werkbank Weimar, dem Werkhaus Inklusion in Erfurt und dem Ahoj in Görlitz sind es Orte, die mehr als Coworking-Spaces. Sie sind Resonanzräume. Offene Werkstätten, Kultur- und Debattenorte, Inkubatoren, die regionalen Bezug mit sozialem Anspruch verbinden. Sie helfen Menschen, zu bleiben. Oder zurückzukommen.


In diesen Laboren werden Gründungen begleitet, Projekte initiiert und Netzwerke geknüpft. Im besten Fall entstehen neue regionale Ökosysteme, in denen Teilhabe, Nachhaltigkeit und soziale Wirkung nicht an den Rand gedrängt, sondern zum Ausgangspunkt des Wirtschaftens gemacht werden.


Wir selbst haben in Altenburg mit der Farbküche einen solchen Ort aufgebaut. Was als kreative Werkstatt für Kinder und Jugendliche begann, ist heute ein pulsierendes Gründungslabor, ein Treffpunkt für die Zivilgesellschaft, ein Motor für Wandel geworden. Mit Unterstützung der Kulturhanse Akademie haben wir 2018 gelernt, wie man solche Orte nicht nur räumlich, sondern auch strukturell aufbaut. Mit Förderung der drosos Stiftung im Rahmen des Programms "Regionale Gründungsinitiativen Ostdeutschland" wurde uns die Umsetzung unseres Gründungslabors ermöglicht. Seither begleiten wir im Altenburger Land Gründungen, Projekte, Ideen. Rund 40 Initiativen wurden bereits gestärkt und begleitet.



Doch diese Arbeit geschieht nicht im luftleeren Raum. Sie trifft auf unterfinanzierte Kommunen, auf kurzatmige Projektlogiken, auf strukturelle Unsicherheiten. Genau deshalb wurde in den letzten Monaten im Verbund intensiv an einem White Paper gearbeitet. Ein Papier, das Forderungen stellt. Und zugleich einladen will. Zur politischen Debatte über das, was es braucht, damit Menschen vor Ort gut leben, arbeiten und wirken können:


1.     Leerstand als Ressource begreifen – nicht als Makel, sondern als Startpunkt für soziale Innovation.
2.     Zivilgesellschaft als Entwicklerin anerkennen – und strukturell, organisatorisch wie finanziell stärken.
3.     Orte sozialer Innovation fördern – nicht als Ausnahme, sondern als notwendige Infrastruktur.
4.     Gemeinwohlorientierte Ökosysteme aufbauen – mit Anreizen für regionale, soziale und ökologische Wirkung.
5.     Gründungen fördern, wo der Markt versagt – jenseits von Ausschreibungslogiken.
6.     Ressortübergreifendes Denken ermöglichen – für kohärente, wirksame Politik.
7.     Empowerment durch Qualifizierung vor Ort – mit Menschen, die begleiten statt verwalten.

Diese Forderungen wurden auf der Konferenz erstmals in der Breite vorgestellt. Sie sind nicht abschließend. Aber sie markieren ein Feld, in dem Zukunft gestaltbar wird.


Neben vielen langjährigen Partner:innen war zu unserer Freude auch der neu gegründete Verein Grand Ouvert e.V. aus Altenburg mit dabei. Inspiriert von dem Konzept eines Albergo Diffuso wollen sie in unserer Stadt ein dezentrales Stadthotel entwickeln – als Ort für Gastfreundschaft, Arbeit, Wandel. Ein weiteres gutes Beispiel dafür, was entstehen kann, wenn innovative Ideen und Engagement auf Leerstand treffen.


Die Kulturhanse wächst weiter: Neue Labore sind dazugekommen – und weitere sind willkommen. Die Idee eines Verbandes steht im Raum. Und das Bewusstsein wird stärker: Wer Wirkung will, braucht politische Wirksamkeit. Deshalb soll das White Paper auch in den Bundestag und Landtag getragen werden – als Impuls, als Einladung, als Position.


Doch das Wesentliche lag, wie so oft, zwischen den Zeilen. Im Wiedersehen. In den Gesprächen am Kaffeetisch. Im gemeinsamen Erinnern an den Anfang. Und im Wissen, dass Transformation nicht dort beginnt, wo Systeme auf neue Regeln warten. Sondern dort, wo jemand sagt:


"Lass es uns einfach ausprobieren."

Denn Gemeinwohl ist kein Programm. Es ist eine Haltung. Und sie braucht Raum, Resonanz und Ressourcen.



Mehr zur Kulturhanse: www.kulturhanse.org








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© Susann Seifert, Farbküche / Illustrationen: Maren Amini

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